Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment (KATRIN)
Da Neutrinos die häufigsten Teilchen im Universum sind, ist ihre Masse ein wichtiger Faktor für viele Modelle und Berechnungen in der Kosmologie, z.B. für die Ausdehnung des Universums. Vor dem Start des internationalen Karlsruhe Tritium Neutrino Experimentes KATRIN am KIT Campus Nord konnte in dem Mainzer Neutrinoexperiment eine maximale Obergrenze der Masse von 2,3 eV festgestellt werden. Durch die erste Messphase von KATRIN im Jahr 2019 konnte das Limit auf 1,1 eV verbessert werden. In den nächsten Jahren wird die Neutrinomasse weiterhin auf direkte und modellunabhängige Weise gemessen, bis schließlich die designte Sensitivität von 0,2 eV erreicht ist.
Um dieses Ziel zu erreichen wird der Endpunkt des Energiespektrums beim Beta-Zerfall extrem präzise vermessen. Im Vergleich zu früheren Experimenten wurden dabei Größe, Genauigkeit, aber auch die Menge des β-Emitters um eine Größenordnung gesteigert. Dabei dient Tritium als radioaktive Quelle, wobei die maximale Energie der Elektronen ca. 18,6 keV beträgt. Das KATRIN - Experiment lässt sich in einen tritiumführenden und einen tritiumfreien Teil gliedern. Der tritiumführende Teil ist im TLK aufgebaut. Der tritiumfreie Teil, bestehend aus Vor- und Hauptspektrometer sowie einem Detektor, ist in einem angrenzenden Gebäude aufgebaut. Der tritiumführende Bereich unterteilt sich in Quelle und Transportstrecke. Beide werden im Folgenden näher erläutert.
Die Tritiumquelle: Eine Besonderheit am KATRIN – Experiment ist, dass eine fensterlose Quelle verwendet wird, d.h. der Weg von der Quelle zu den nachfolgenden Abschnitten ist völlig frei für die β-Elektronen, aber auch für die Tritium-Moleküle und -Ionen. Da das Tritium gasförmig vorliegt, wird die Quelle WGTS genannt – Windowless Gaseous Tritium Source (Fensterlose Gasförmige Tritium Quelle). Im Wesentlichen besteht die Quelle aus einem mit Tritiumgas gefüllten Rohr, welches sich in einem starken Magnetfeld (2,5 – 3,9 Tesla) befindet und auf tiefe Temperaturen (ca. 30 K = - 243,15 °C) abgekühlt ist.
Wie bei jeglicher Handhabung von Tritium ist es auch hier absolut notwendig einen geschlossenen Gaskreislauf zu betreiben. Das an den Enden des Rohres austretende Gas wird abgepumpt, gereinigt und wieder in das Quellrohr eingespeist. Die Tritiumloops von KATRIN gewährleisten eine stabile Einspeisung in die WGTS und dienen als Schnittstelle zur Infrastruktur des TLK.
Die Transportstrecke: Die Aufgabe der Transportstrecke ist es die Elektronen weiter bis zum Spektrometer zu leiten und möglichst alle Moleküle und Ionen aus dem Teilchenstrom herauszufiltern, da diese unter keinen Umständen ins Spektrometer gelangen dürfen. Dort würden sie einen so hohen Untergrund in der Messung erzeugen, dass jegliche Genauigkeit des Experiments verloren ginge.
Der erste Teil der Transportstrecke wird DPS (Differentielle Pump-Strecke) genannt. Beim differentiellen Pumpen schaufelt die Pumpe im Prinzip einzelne Moleküle aus dem abzupumpenden Volumen. Dadurch wird der Tritiumfluss in Richtung der Spektrometer um mehr als 7 Größenordnungen reduziert. Einzelne Abschnitte zwischen den Pumpen sind dabei verwinkelt angeordnet um einen geradlinigen Durchgang der Moleküle zu verhindern.
Der zweite Teil der Transportstrecke wird CPS (Cryo-Pump-Strecke) genannt. Hier wird auf das Strahlrohr eine Argonfrostschicht präpariert und sie anschließend auf 3 K (-270°C) abgekühlt. Dadurch wird das einströmende Tritium, das in der DPS nicht abgepumpt wurde auf der kalten Argonoberfläche adsorbiert.
Das TLK ist das einzige wissenschaftliche Labor innerhalb der EU und Amerikas, das über eine Lizenz zur Handhabung der erforderlichen Tritiummenge und gleichzeitig über die notwendige Infrastruktur und Erfahrung im Umgang mit Tritium für eine solch komplexe Aufgabe verfügt. Alle im Zusammenhang mit der Tritiumquelle notwendigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten werden durch das TLK durchgeführt bzw. vom TLK koordiniert. Alle tritiumführenden Teile von KATRIN sind innerhalb des TLK aufgebaut.